Die Generalversammlung des Vereins Caritas Freiburg fand am Dienstag, 20. Juni 2017, im Konferenzsaal des Franziskanerklosters in Freiburg statt. Dem statutarischen Teil folgte ein
Vortrag von Frau Viviane Châtel, Lehr- und Forschungsbeauftragte im Bereich Soziologie, Sozialpolitik
und Sozialarbeit an der Universität Freiburg, zum Thema «Ist die Armut immer noch ein aktuelles
politisches Werkzeug?» .
Caritas Freiburg, ganz nahe bei den ärmsten Menschen
Caritas Freiburg hat 2016 die Entwicklung seines Dienstes Sozialberatung vorangetrieben, um auf die
vermehrten Hilfsgesuche reagieren zu können. Die Anzahl von Personen, die sich in Schwierigkeiten
befinden und die Beratung und Unterstützung der Dienststellen von Caritas in Anspruch genommen
haben, hat sich zwischen 2010 und 2015 verdoppelt, 2016 wurden 3771 Beratungen verzeichnet. Die
Rechnung 2016 des Vereins weist finanzielle Stabilität aus, mit einem leichten Defizit in der Höhe von
13'966.– bei einem Gesamtbetrag von CHF 1’565'500.–. Im Vergleich zu 2015 hat die Lohnsumme um
CHF 107'579.– zugenommen, Grund dafür ist die Anstellung von weiterem Personal. Zu erwähnen ist
auch ein Betrag von gegen CHF 60'000.–, der eingesetzt wurde, um die Entwicklung des Diensts
Sozialberatung sicherstellen zu können.
Die Feststellungen von Caritas Freiburg werden im Bericht über die soziale Situation und die
Armut im Kanton Freiburg bestätigt
Der erste Bericht über die soziale Situation und die Armut im Kanton Freiburg, der im September 2016
erschienen ist und 2010 von Caritas Freiburg engagiert angeraten worden war, hat die Feststellungen,
die Caritas aufgrund seiner Erfahrungen vor Ort in den letzten Jahren gemacht hat, bestätigt.
Es gibt immer mehr Personen, die mit finanziellen und sozialen Problemen konfrontiert sind, die als
Folge von Brüchen in der Berufslaufbahn, familiären Veränderungen (Geburt, Trennung, Todesfall),
gesundheitlichen Problemen, einer Verringerung der Einkünfte oder anderen Ereignissen auftreten und
den Alltag destabilisieren können.
Ein gewichtiger Grund für die Probleme sind Sozialleistungen, die nicht in Anspruch genommen werden,
weil sie auf einem komplexen sozialen System aufbauen, das von einem Teil der Bevölkerung nur
schwer zu durchschauen ist. Hinzu kommen Ängste vor eventuellen Konsequenzen, die aus dem Bezug
von Sozialleistungen hervorgehen könnten (Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung oder
Rückzahlung der bezogenen Sozialhilfe).
Eine weitere Feststellung: Personen in Armut verzichten aus finanziellen Gründen auf medizinische
Behandlungen. Das Freiburger Hilfswerk möchte deshalb weitere Massnahmen ergreifen, um gegen
diese Probleme angehen zu können, insbesondere soll der Zugang zu zahnärztlichen Behandlungen
für alle sichergestellt werden.
Das Hilfswerk ist ständig konfrontiert mit der Wohnungsproblematik, die durch die demographische
Entwicklung des Kantons noch weiter verschärft wird. Bestimmte Bevölkerungsschichten haben enorm
Mühe, auf dem Wohnungsmarkt eine Bleibe zu finden, weil sie nicht über die erforderlichen finanziellen
Garantien verfügen (tiefe Einkommen, unregelmässige Einkommen, wegen bestehender Betreibungen
nicht greifbare Einkünfte, drohende Betreibungen). Caritas Freiburg weist eindringlich auf das
gegenwärtige Fehlen von Lösungen und auf die Folgen hin, die sich daraus für den Alltag dieser
Pesonen ergeben (Verlust der Wohnung oder unangemessene Wohnungssituation).
Die Wohnungsproblematik beschäftigt auch den Schuldenberatungsdienst von Caritas Freiburg stark.
Personen, die verschuldet sind oder gegen die Betreibungen laufen, haben es – unabhängig von deren
Einkommen – sehr schwer, eine Wohnung zu finden. Für 11 % der Personen, die 2016 vom Dienst
begleitet wurden, ist die Wohnungssuche ein echtes Problem (keine Wohnung gefunden,
gesundheitsschädigende Wohnung,…).
Auf der anderen Seite wird Caritas Freiburg immer stärker gefordert von Wohnungsbesitzern, die sich
wegen ausstehenden Mietbeträgen gezwungen sehen können, ihre Immobilie rasch abzustossen. Es
handelt sich dabei meist um Familien, denen eine Wohnung oder ein Haus ohne besonderen Wert
gehört, die oder das es ihnen aber ermöglicht, ohne exzessive Mietausgaben wohnen zu können. Diese
Problematik ist relativ neu, und sie breitet sich aus.
Caritas Freiburg im Dienste der Freiwilligen und der Berufsleute in der Kirche
Dank der Unterstützung der katholischen kirchlichen Körperschaft des Kantons Freiburg war Caritas
Freiburg dazu in der Lage, einen neuen Dienst zugunsten der Freiwiligen und der Berufsleute zu
lancieren, die im Rahmen ihrer kirchlichen Arbeit in Kontakt kommen mit Personen, die sich in sozialen,
finanziellen und persönlichen Schwierigkeiten befinden.
Die Kontaktstelle Diakonie bietet telefonische Beratung, Ausbildungsgänge und Workshops, die auf das
lokale Umfeld und die lokalen Bedürfnisse zuschnitten sind. Ihr Ziel ist es, die Freiwilligen und die
Berufsleute dabei zu unterstützen, die bei den in Armut lebenden Personen auftretenden sozialen
Probleme besser zu verstehen und bei der Suche nach Lösungen zu helfen. Der Dienst bietet zudem
eine Begleitung bei der Ausarbeitung von lokalen Hilfsprojekten an.
Das kantonale Hilfswerk engagiert sich im Kampf gegen die Armut und den Ausschluss
Caritas Freiburg interveniert komplementär zu den öffentlichen Behörden, um Personen Hilfe zu bieten,
die als armutsgefährdet eingeschätzt werden. 2011 waren das gemäss dem ersten Bericht über die
soziale Situation und die Armut im Kanton Freiburg über 25'000 Personen.
Caritas Freiburg ist aber nicht nur in Sachen finanzielle Not tätig, sondern auch in einem weiteren Feld.
Sie bietet insbesondere Momente des Beisammensein, um den Austausch zu fördern und soziale
Beziehungen wieder aufzubauen.
Communiqué der Caritas Freiburg, 21. Juni 2017